Deprivation – Welchen Nutzen Kommunikation wirklich hat!

Wirkung von Kommunikation

Bei BEJOY steht vor allem Interaktion, Kommunikation und ein soziales Miteinander im Mittelpunkt. Dies ist auch der Grund, warum wir uns mit den verschiedenen Aspekten dieser Bereiche beschäftigen wollten und haben uns auf die positiven Effekte der zwischenmenschlichen Kommunikation fokussiert. Es geht uns darum, zu zeigen, was passiert, wenn Menschen isoliert leben und nicht mehr mit ihnen kommuniziert beziehungsweise interagiert wird.

In diesem Beitrag wird es um die Themen „Deprivation“ und um „Deprivation in der Pflege“ gehen, damit unser Anliegen und unser Ziel – dass wir für mehr Interaktion und Flexibilität sorgen wollen – besser zu verstehen ist. Außerdem wollen wir uns tiefergehend mit dem Begriff der Deprivation auseinandersetzen. Dabei muss beachtet werden, dass es mehrere Arten der Deprivation gibt, von denen wir hier einige behandeln wollen.

Relevanz von Familie, Zusammenhalt und Kommunikation, um Deprivation zu reduzieren

Arten der Deprivation

Die psychische Deprivation wird als die Beraubung, dem Entzug von etwas Erwünschtem, dem Zustand des Organismus, der als Folge solcher Lebenssituationen entsteht, in denen nicht ausreichend und nicht genügend lang die Möglichkeit gegeben ist, seine grundlegenden Bedürfnisse zu befriedigen, definiert. Schwerpunkte der Deprivationsforschung lagen u.a. in den Bereichen von Mutter-Kind-Beziehung (Auswirkung der Entbehrung von Bezugspersonen), gesellschaftlicher Isolierung (Isolationsfolter, Gefängniskoller), Life-Events (Verlustereignisse), Umwelt (Ghetto-Bildung in Großstädten), Entfremdung (Vereinsamung) und Arbeitslosigkeit. (Vgl. Lexikon Psychologie)

Die soziale Deprivation wird auch als soziale Isolation, Entzug bzw. Entbehrung von sozialen Beziehungen oder Kontakten bezeichnet. Die negativen Auswirkungen der sozialen Deprivation auf Wohlempfinden, Leistungsfähigkeit und Persönlichkeitsentwicklung wurden in Labor- und Feldstudien, aber auch an verwaisten hospitalisierten Kindern untersucht (Hospitalismus, Waisenkinderversuche, Deprivationsexperimente). (Vgl. Lexikon Psychologie)

Die sensorische Deprivation beschreibt langanhaltende und vollständige Ausschaltung aller Sinneseindrücke beim Menschen. Als Folge steigt das Verlangen nach Sinnesreizen und Körperbewegung. Je länger dieser Zustand dauert, desto mehr lassen sich Störungen des Denkablaufs, Konzentrationsschwäche, depressive Verstimmungen und in einzelnen Fällen auch Halluzinationen beobachten (Waisenhauskinder, Deprivationsexperimente, Ganzfeld-Experimente, Folter). (Vgl. Lexikon Psychologie)

Aufgrund einer reizarmen Umgebung können nicht genügend sinnlich wahrnehmbare Reize aufgenommen werden. Diese Art von sensorischer Deprivation kann beim Menschen schon innerhalb weniger Tage zu ernsthaften Störungen in der Wahrnehmung und im Verhalten führen (Vgl. Abbildung 1) (Vgl. Follmann, 2018).

Deprivation_Pflege
Abbildung 1: Folgen von sozialer und sensorischer Deprivation (nach Follmann 2018)

Bisher sind keine standardisierten Assessmentinstrumente bekannt, um festzustellen, inwieweit Deprivation im täglichen Betreuungsprozess auftreten könnte. Es ist von großer Bedeutung, dass Pflegende regelmäßig überprüfen, ob Patient*innen, Bewohner*innen und auch allein lebende Klient*innen in der ambulanten Pflege täglich ausreichend Bewegung, Berührung, Kognitive Herausforderungen und soziale Kontakte haben, um ihre geistige und körperliche Fitness zu fördern. Eine sinnvolle Methode und erste Einschätzung könnten durch ein Screening mit Ja/Nein-Fragen (siehe Abbildung 1) durchgeführt werden.

Risiko Deprivation
Abbildung 2: Einschätzung eines Deprivationsrisikos (nach Follmann 2018)

Falls eine dieser Fragen mit Nein beantwortet wird, besteht ein Risiko für Deprivation. Daher ist es wichtig, die Betreuung entsprechend anzupassen und sicherzustellen, dass alle Bereiche abgedeckt werden, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.

Die Deprivationsprophylaxe umfasst verschiedene Maßnahmen, die darauf abzielen, eine reizvolle Umgebung zu schaffen und Menschen vor Deprivation zu schützen. Eine strukturierte Tagesgestaltung in Kombination mit einer Vielfalt von Aktivitäten spielt eine entscheidende Rolle, um eine optimale Deprivationsprophylaxe zu gewährleisten. Falls Menschen bereits von Deprivation betroffen sind, ist es wichtig, sie behutsam und ausreichend geschützt wieder an ein möglichst normales Leben heranzuführen. Elemente aus der Basalen Stimulation können dabei helfen, gezielte Reize zu setzen, die die Wahrnehmung und Kommunikation fördern.

Es empfiehlt sich, Angehörige aktiv in die tägliche Pflege einzubeziehen und ihnen so oft wie möglich Besuche zu ermöglichen. Dadurch wird eine unterstützende und vertraute Umgebung geschaffen. Zusätzlich kann der Kontakt mit Wasser eine positive Wirkung entfalten. Fuß-, Hand- und Ganzkörperbäder sowie Bällchen- und Bohnenbäder bieten Möglichkeiten, die beruhigenden Eigenschaften dieses Elementes zu nutzen.
Darüber hinaus können wohltuende Massagen mit ätherischen Ölen durchgeführt werden, um Entspannung oder Stimulation zu fördern und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.
Im Gesamten geht es bei der Deprivationsprophylaxe darum, eine anregende und reizvolle Umgebung zu schaffen, den Alltag strukturiert zu gestalten und gezielte Maßnahmen wie die Einbeziehung von Angehörigen, den Einsatz von Wasser und Massagen zu ergreifen, um den Betroffenen bestmögliche Unterstützung zu bieten.

Mit dieser kurzen Einführung in die Deprivation zeigt sich, wie wichtig Interaktion, Kommunikation und ein gesundes Miteinander sind. Sie fördern nicht nur kleine Gruppen, sondern haben auch einen gesamtgesellschaftlichen Einfluss, der wichtig für unser Zusammenleben ist.

Maßnahmen zur Deprivationsprophylaxe – Beispiele

1

Maßnahme #1 Tagesablauf planen

Wenn Sie gemeinsam mit Ihrem An- und Zugehörigen einen Tagesablauf strukturieren, können sich dabei neue Gewohnheiten etablieren. Das schenkt Sicherheit und zeigt, dass jede und jeder nach wie vor aktiv am Leben teilnimmt. Strukturierende Elemente können beispielsweise feste Essens- und Pflegezeiten sein, Spaziergänge sowie Besuche von oder bei Freunden.

2

Maßnahme #2 Kontakt zu Familienangehörigen

Ermutigt die Familie, sich auch weiterhin regelmäßig zu besuchen, oder besuchen Sie – wenn möglich – weitere Verwandte. Die Gespräche, gemeinsame Erinnerungen und der Kontakt zu Kindern und Enkelkindern geben emotionalen Halt und das schöne Gefühl, verbunden zu sein.

3

Maßnahme #3 Freundschaften pflegen

Gerade, wenn ältere Menschen in ein Pflegeheim umziehen, verlieren sie oft den Kontakt zu Freunden und fühlen sich isoliert. Regen Sie dazu an, Freunde auch weiterhin einzuladen, zu besuchen oder auch regelmäßig anzurufen. Ein Smartphone, eine Telefonliste neben dem Telefon oder auch eingespeicherte Telefonnummern unterstützen zusätzlich.

4

Maßnahme #4 Regelmäßige Bewegung

Die Vorteile regelmäßiger Bewegung liegen auf der Hand: Sie unterstützt die Mobilität, baut Stress ab und steigert automatisch sein Wohlbefinden. Spaziergänge in der Natur sind ideal, damit verschiedene Reize verarbeitet werden und neue Eindrücke gesammelt werden können. Wenn es die Beweglichkeit zulässt, wirkt sich auch sanfte Wassergymnastik sehr positiv aus. Für zwischendurch eignen sich auch einfache Gymnastik- und Geh-Übungen zu Hause.

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Maßnahme #5 Lebensfreude zeigen

Integrieren Sie möglichst viele Dinge und Aktivitäten in den Alltag, die große Freude bereiten. Regelmäßig frische Blumen auf den Tisch, dekorative Zimmerpflanzen oder Fotos von Freunden und Familie - alles eine große Hilfe! Gesellschaftsspiele? Damit schenkt man viele unterhaltsame Momente, indem Brett- oder Kartenspiele gespielt werden. Welchen Hobbys kann in angepasster Form noch nachgehen werden? Literatur- und Musik?

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Maßnahme #6 Aufgaben

Kaum etwas kränkt einen geliebten Mitmenschen so sehr wie das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden und kaum noch etwas selbst tun zu können. Dabei stellt sich die Frage: Welche einfachen Aufgaben können abgegeben werden? Ermutigen Sie ihre Mitmenschen dazu, so viel wie möglich selbst zu machen. Das beschert ihnen Erfolgserlebnisse und spornt an, aktiv zu bleiben.

Mit dieser kurzen Einführung in die Deprivation zeigt sich, wie wichtig Interaktion, Kommunikation und ein gesundes Miteinander sind.
Sie fördern nicht nur kleine Gruppen, sondern haben auch einen gesamtgesellschaftlichen Einfluss, der wichtig für unser Zusammenleben ist.

Wir freuen uns sehr über Ihre Kommentare, Anregungen und Ideen! 

Quellen:
– Follmann, U. (2018). Deprivationsprophylaxe. In Georg Thieme Verlag eBooks. Georg Thieme Verlag.
– https://www.walzvital.de/app/ratgeber/deprivationsprophylaxe-pflege/
– Lexikon Psychologie

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